«Von der Chancengleichheit noch weit entfernt!»

    Nicole Brandes gab ihre Karriere auf, um ihrem Herzensziel zu folgen: Menschen zu ihrem Traum zu verhelfen und dabei ein Weltklasse-Coach zu sein. In ihrem neuen Buch «Weiblich, wild & weise» zeichnet sie kraftvolle Wege zu einem selbsterfüllten Leben auf.

    (Bilder: zVg) Nicole Brandes: «Gute Persönlichkeitsentwicklung ist vor allem eines: ein vorwärts gerichteter Prozess, bei dem Stärken freigesetzt werden.»

    Frauen werden Bundeskanzlerin, stehen an der Spitze der Europäischen Zentralbank oder führen internationale Konzerne. Haben Frauen es nun geschafft, oder gibt es Ihrer Meinung nach noch immer keine wirkliche Chancengleichheit?
    Nicole Brandes: Frauen bekommen immer mehr Einfluss. Aber noch viel zu langsam. Gesellschaftliche Umschwänge dauern. Und von der Chancengleichheit sind wir noch weit entfernt. Deswegen sollen Frauen nicht auf Chancen warten, sondern selbst Chance sein.

    Sie haben eine aufsehenerregende Berufskarriere erlebt, haben mit den erfolgreichsten Menschen der Welt zusammengearbeitet, nicht zuletzt für Königin Silvia von Schweden. Dann haben Sie einen klaren Schnitt unternommen und sich neu «erfunden». Gab es einen konkreten Anlass für diese Neuausrichtung als Coachin und Vortragsrednerin?
    Ja! Ich arbeitete wie verrückt mit der irrigen Vorstellung: je mehr arbeiten desto mehr Erfolg, desto mehr Glücksgefühl. Ich hatte nach aussen viel erreicht aber irgendwann fühlte ich mich innerlich leer. Als ich innerlich völlig auf Grund lief, musste ich die Reissleine ziehen, warf meine Karriere über Bord und ging im wahrsten Sinn des Wortes tauchen. Viele Menschen investieren Jahre in ihre Karriere um plötzlich herauszufinden, dass sie das nicht glücklich macht. Erfolgreich zu sein bedeutet ja nicht erfüllt zu sein. Erfüllung passiert nicht von selbst. Es gilt, darauf gezielt einzuzahlen. Nur wie? Hier unterstütze ich Menschen, weil sie das in die Kraft bringt.

    Was ist Ihre wichtigste Empfehlung für Frauen, die sowohl beruflich, als auch privat selbstbewusst und selbsterfüllt leben wollen?
    Nicht in die Ausbildungsfalle zu tappen! Viele machen eine Fortbildung nach der anderen mit der Hoffnung, dass gäbe ihrer Karriere Schub. Fachliche Bildung ist wichtig. Persönlichkeitsbildung ist es noch viel mehr. Eine natürliche Autorität zu werden, entlang der eigenen Werte zu leben, und das mit Authentizität, Selbsttreue und Durchsetzungskraft ist keine Frage der Expertise, sondern der emotionalen Reife.

    Den Wunsch ein Leben selbstbestimmt zu führen, haben ja auch Männer. Wie erleben Sie in Ihrer Beraterpraxis die unterschiedliche Herangehensweise der (Lebens-)Sinnfindung bei Männern und Frauen? Oder gibt es vielleicht gar keine gravierenden Unterschiede?
    Hier geht es nicht um Unterschiede. Der Drang weiterzukommen ist zutiefst menschlich. Wann das wie und aus welchem Grund stattfinden soll, ist individuell. Wenn wir überhaupt von Unterschieden sprechen wollen, dann ist meine Beobachtung, dass Männer zurückhaltender als Frauen sind, wenn es um Potentialentfaltung und Persönlichkeitsentwicklung geht. – Manche Menschen verwechseln das Thema immer noch mit Therapie. Oder fürchten, sie würden stumm geschaltete Verletzungen und Ängste wecken. Gute Persönlichkeitsentwicklung ist vor allem eines: ein vorwärts gerichteter Prozess, bei dem Stärken freigesetzt werden.

    Ihr neues Buch «Weiblich, wild & weise» ist jetzt erhältlich.

    Gibt es Frauen, die für Sie Vorbild und Inspiration sind? Woher holen Sie sich persönlich Ihre Energie, um Frauen zu motivieren, ihr Potenzial voll zu entfalten?
    Energie hole ich nicht, die habe ich einfach. Natürlich beflügeln mich schöne Begegnungen. Inspiration ist überall, sei es von der Frau am Kiosk oder einer berühmten Persönlichkeit, die wahrhaftig ist. Ich mag Menschen, die bei sich sind, die Rückgrat haben, die nie aufgeben, erst recht nicht im Gegenwind; die an das Gute glauben, die bereit sind vermeintlich Unmögliches zu tun. Und solche, die ihre Energie fokussieren und wissen, worauf es ankommt: sich selbst – das kann man trainieren.

    Sie haben ein Buch mit dem Titel «Weiblich, wild & weise» geschrieben, das nun in einer aktualisierten Ausgabe neu erscheint. Was hatte Sie dazu inspiriert?
    Ich wollte einfach etwas tun! Ich treffe so viele grossartige Menschen, die feststecken, weil sie sich nicht trauen. Vor allem Frauen. Ich will sie ermutigen ihre Geduld über Bord zu werfen und sich in ihre Grösse zu stürzen. Weil das nicht nur sie erfolgreicher und glücklicher macht, sondern auch das Umfeld. Ich will, dass sie realisieren, dass sie alles (und mehr) haben, was es braucht um jetzt und in der Zukunft mehr zu erwirken. Ich hatte nichts und trotzdem darf ich dieses unglaublich privilegierte Leben leben. Ich will zeigen: Wenn ich das kann, dann können es andere erst recht.

    Es gibt verschiedenste «Mutmach-Bücher» für Frauen. Was ist anders in Ihrem Buch? Welchen konkreten Nutzen haben Ihre Leserinnen?
    Jeder hat seine Geschichte und die ist einzigartig. Woher Menschen sich Mut holen, um sich auf sich selbst einzulassen und die eigenen Dinge anzupacken und zum Besseren zu wenden, spielt keine Rolle. Luft nach oben gibt es immer. Wenn mein Buch eine Inspirationsquelle dafür ist, dann hat es seinen Zweck erfüllt.

    Zum Schluss noch eine sehr persönliche Frage, zugegeben. Leben Sie selbst Ihr Leben selbstbewusst und selbstbestimmt? Muss man nicht einfach auch manchmal Kompromisse machen?
    Ja natürlich, mit Herz und Seele. Sonst könnte ich das ja nicht vermitteln. Das ist manchmal einfacher und manchmal anspruchsvoller. Seit ich mein Leben entlang meiner Werte ausrichte gibt es keine Kompromisse mehr, sondern bewusste Entscheidungen. Die eigene Lebensphilosophie zu entwickeln mit Vision und Werten, sind dafür wichtige Instrumente. Das führt in dieses gute Gefühl der inneren Freiheit. Und das wünsche ich jeder und jedem.

    CR / pd

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