Abrechnung mit dem Gendersternchen ***


    Mit spitzer Feder …


    (Bild: zVg)

    Liebe Leser*innen und weitere Geschöpfe,

    Unsere Bundeskanzlei hat gerade das Gendersternchen geprüft. Zur Erinnerung: Das * wird gerne als Instrument einer geschlechtergerechten oder genderneutralen Sprache eingesetzt. Man schreibt (und sagt) nicht mehr Leser oder Leserin, sondern Leser*in (Singular) oder Leser*innen (Plural). In der gesprochenen Sprache wird das Gendersternchen gelegentlich durch die sogenannte Gender-Pause realisiert: Leser [Pause] innen. Im Vorwort des Leitfadens des Bundes zum geschlechtergerechten Formulieren im Deutschen schreibt die Bundeskanzlerin Corina Casanova: «Mit sprachlichen Knacknüssen befasst sich dieser Leitfaden, den Sie in den Händen halten. Er gibt Hilfestellungen für all die Fälle, in denen geschlechtergerechtes Formulieren nicht so einfach ist.»

    Sie sind sprachlos?! Aber warum denn: Es geht um geschlechterneutrale Kommunikation, die unsere Sprache vielfältiger machen soll, was sich bei geschriebenen Texten bereits abzeichnet. Denn neben dem * wird ja noch der Unterstrich (Leser_innen), der Doppelpunkt (Leser:innen), der Mediopunkt (Leser·innen) und die Binnenmajuskel (LeserInnen) verwendet. Letztere ist aber in Verruf geraten, weil sie einem generischen Femininum gleichkommt: Männer dürfen sich mitgemeint fühlen, doch wie sieht es mit der (verbalen) Integration von nonbinären oder intersexuellen Menschen aus?

    Texte der Bundeskanzlei dürfen (Gott sei Dank) keine typografischen Gender-Schreibweisen enthalten. Kurz und bündig: Die Bundeskanzlei sagt nein zum Gendersternchen und trifft meiner Meinung nach, eine neue vernünftige Regelung. Die Bundeskanzlei argumentiert unter anderem bestehe Unklarheiten, wer mit dem Zeichen wie Stern, Doppelpunkt oder Underscore genau gemeint sei. Dies könne zu Rechtsunsicherheiten führen. Ebenso seien die Zeichen mehrdeutig. So werde der Stern auch als Zensur benutzt. Und das wichtigste Argument überhaupt: Gendersterne seien zusammen mit ähnlichen Zeichen «Vorwiegend Ausdruck einer bestimmten gesellschaftspolitischen Haltung». Denn in der Schweiz bestehe das «dritte Geschlecht» rechtlich noch nicht. Allerdings verwenden bereits– wer hätte das gedacht – grosse Medienhäuser wie SRF, politische Parteien (SP und Grüne) und auch gewisse Firmen den Genderstern oder ähnliche Zeichen. Die Transgendertruppe ist natürlich schockiert ab der neuen Weisung, die ja so verletzend und widersprüchlich ist.

    Das Verwenden von Binnen-, Unterstrichen und Gendersternchen sollen für die sprachliche Gleichberechtigung der Frauen sorgen. Dabei führt die sadistische Symbolpolitik nur zu immer neuen Verschlimmbesserungen. Und als aufgeschlossene Journalistin nervt es mich einfach gewaltig. Damit wird mein feines Sprachgefühl malträtiert und vergewaltigt! Kurz und bündig: Das ist einfach nur Sprachverhunzung pur. Ich habe daher drei Vorschläge. Zum ersten die Doppelnennung als eindeutigste Form der geschlechtergerechten Sprache – und als höflichste: Leserinnen und Leser, Bäuerinnen und Bauern. Dann gibt es eine bunte Palette grammatischer Ersatzformen wie substantivierte Partizipien oder Adjektive (der/die Bevollmächtigte, die Teilnehmenden, der/die Kranken . . .), oder man greift zu Sach- statt Personenbezeichnungen (Quelle statt Informant, Fachkraft statt Fachmann, Leitung statt Leiter), verwendet generische Personenbezeichnungen (Mensch, Person, Mitglied) oder bedient sich einer erklärenden Klammerkonstruktion: Wir suchen Maler (m/w/d). Wenn all das nicht funktioniert, bleibt immer noch die Schrägstrichlösung: Schülerinnen/Schüler, Lehrer/-in, alle Bewerber/-innen. Und das Problem ist für allem aus der Welt geschaffen.

    Doch der Leitfaden für geschlechtergerechte Sprache wird bis Ende 2021 überabeitet. Das Gestürm ist also vorprogrammiert und über das Gendern in der deutschen Sprache wird wohl noch viel gestritten! Damit wird die (angebliche) Diskriminierung nur noch schlimmer gemacht und ein Problem hochstilisiert, wo keines ist. Denn die Beschränkung auf die männliche Schreibweise entspringt einzig meinem Verständnis von Leserlichkeit und ist in keiner Weise ein Angriff auf das Geschlecht, die Geschlechtsidentität oder die sexuelle Orientierung.

    PS. Das Gendersternchen hat übrigens in der Schule nichts zu suchen. Geschlechterneutrale Sprache sorgt mehr für Ausgrenzung als für Gleichstellung!

    Herzlichst,
    Ihre Corinne Remund
    Verlagsredaktorin

    Vorheriger ArtikelNetzwerk für den Wachstumssektor Immobilien
    Nächster ArtikelArbeitswelt im Umbruch – eine Chance für den langersehnten Traumjob